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Wir stellen eine Methode vor, um die räumliche Chondrozytenorganisation im Anulus fibrosus der Bandscheibe mit einer optischen Schnittmethode zu untersuchen.
Die Degeneration der Bandscheibe (IVD) ist eine der Hauptursachen für Rückenschmerzen und bringt für die Betroffenen eine hohe Beeinträchtigung mit sich. Um die Bandscheibendegeneration zu entschlüsseln und regenerative Ansätze entwickeln zu können, ist ein gründliches Verständnis der Zellbiologie der IVD unerlässlich. Ein Noch unbeantworteter Aspekt dieser Biologie ist die Frage, wie Zellen in einem physiologischen Zustand und während der Degeneration räumlich angeordnet sind. Die biologischen Eigenschaften der IVD und ihre Verfügbarkeit erschweren die Analyse dieses Gewebes. Die vorliegende Studie untersucht die räumliche Chondrozytenorganisation im Anulus fibrosus von der frühen Embryonalentwicklung bis zur Degeneration im Endstadium. Eine optische Schnittmethode (Apotom) wird angewendet, um hochauflösende Färbeanalysen unter Verwendung von embryonalem Rindergewebe als Tiermodell und menschlichem Bandscheibengewebe von Patienten durchzuführen, die sich einer Wirbelsäulenoperation unterziehen. Von einer sehr hohen Chondrozytendichte in der frühen embryonalen Rinderscheibe nimmt die Anzahl der Zellen während der Schwangerschaft, des Wachstums und der Reifung ab. Bei menschlichen Bandscheiben begleitete eine Zunahme der Zelldichte das Fortschreiten der Gewebedegeneration. Wie bereits im Gelenkknorpel gezeigt wurde, stellt die Clusterbildung ein charakteristisches Merkmal der fortgeschrittenen Bandscheibendegeneration dar.
Die Bandscheibe (IVD) ist eine knorpelbasierte Struktur, die biochemisch und in Bezug auf die Zellarchitektur auf den ersten Blick in vielerlei Hinsicht dem Gelenkknorpel1ähnelt. Tatsächlich sind sowohl die IVD-Degeneration als auch die Osteoarthritis (OA) des Gelenkknorpels durch Gelenkraumverengung aufgrund von Knorpelverschleiß, subchondraler Zysten- und Osteophytenbildung und subchondraler Sklerose gekennzeichnet2,3. Trotz dieser scheinbaren Ähnlichkeiten unterscheiden sich Architektur und funktionelle Rolle beider Gewebe. Während die Matrix des Gelenkknorpels hauptsächlich aus einem arkadenbildenden Kollagen-Typ-II-Netzwerk besteht, besteht die IVD aus drei verschiedenen Gewebetypen: Der Kollagen-Typ-II-reiche Nucleus pulposus in der Mitte nimmt axiale Lasten auf und überträgt sie auf einen umfassenden Ring aus dicht gepackten kreisförmigen Kollagen-Typ-I-Fasern, der als Anulus fibrosus bezeichnet wird. Ihre Funktion besteht darin, die übersetzten axialen Drücke zu absorbieren, die der proteoglykanische und wasserreiche Kern mit ihrer Zug-Längsfaserfestigkeit erhält. An der Ober- und Unterseite jedes Kerns und Anulus bildet eine hyaline knorpelige Endplatte die Verbindung zu den benachbartenWirbeln 4 (Abbildung 1).
Im Gelenkknorpel finden sich vier unterschiedliche räumliche Chondrozytenmuster: Paare, Saiten, Doppelsaiten, kleine bzw. große Cluster5,6,7 ( Abbildung2). Veränderungen in diesem Muster sind mit dem Beginn und der Progressionvon OAassoziiert 8,9. Die räumliche Chondrozytenorganisation ist auch ein Indikator für eine direkte funktionelle Eigenschaft des Knorpels, nämlich seine Steifigkeit, was die funktionelle Relevanz dieses bildbasierten Grading-Ansatzesunterstreicht 10,11. Diese Muster können zusätzlich mit bereits vorhandener klinisch verfügbarer Technologie identifiziert werden12. Aufgrund der Ähnlichkeiten zwischen der IVD und dem Gelenkknorpel kann die Hypothese aufgestellt werden, dass charakteristische Chondrozytenmuster auch in der IVD vorhanden sind. Clusterbildung ist ein Phänomen, das auch bei der degenerierten IVD beobachtet wird13,14.
Bei dem Versuch, die räumliche Zellorganisation in der IVD zu analysieren, ist es notwendig, mehrere technische Schwierigkeiten zu überwinden, die bei der Untersuchung des Gelenkknorpels nicht vorhanden sind:
Erstens ist die Verarbeitung des Gewebes selbst viel schwieriger als bei dem homogenen hyalinen Knorpel, der größtenteils aus Kollagen Typ II besteht. Die Hauptfaserkomponente des IVD ist Kollagen Typ I, was es viel schwieriger macht, dünne histologische Abschnitte zu erzeugen. Während im hyalinen Gelenkknorpel aufgrund der "glasartigen" Beschaffenheit des Gewebes auch dicke Schnitte leicht analysiert werden können, ist das Kollagen-Typ-I-Netzwerk der IVD optisch hochundurchdringlich. Aus diesem Grund ist ein starkes Hintergrundrauschen ein häufiges Problem in der Histologie der IVD. Eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit, dieses optisch dichte Gewebe zu durchdringen, ist die Verwendung eines optischen Schnittgeräts, z.B. mittels eines Apotoms. In einem solchen Apotom wird ein Gitter in den Beleuchtungsweg eines herkömmlichen Fluoreszenzmikroskops eingefügt. Vor dem Gitter wird eine ebeneparallele Glasplatte platziert. Dieser neigt sich hin und her und projiziert so das Raster im Bild in drei verschiedenen Positionen. Für jede Z-Position werden drei Rohbilder mit dem projizierten Raster erstellt und überlagert. Mittels spezieller Software kann das unscharfe Licht berechnet werden. Das zugrunde liegende Prinzip ist, dass, wenn das Raster sichtbar ist, diese Information im Fokus ist, wenn nicht, sie als unscharf angesehen wird. Mit dieser Technik können gut fokussierte und hochauflösende Bilder in angemessener Zeit aufgenommen werden.
Zweitens ist das Gewebe von menschlichen Spendern schwer zu bekommen. Beim totalen Knieersatz kann die gesamte Oberfläche des Gelenks für die weitere Analyse während der Operation erhalten werden. Obwohl die Arthrose eines Diarthrodialgelenks auch eine Erkrankung des gesamten Gelenks ist, gibt es dennoch starke fokale Unterschiede in der Qualität des Knorpels, wobei in der Regel einige Bereiche des Gelenks noch intakt sind, zum Beispiel aufgrund einer verminderten Belastung in diesem Bereich. Anders verhält es sich bei der IVD, wo eine Operation in der Regel erst dann durchgeführt wird, wenn die Bandscheibe global zerstört ist. Bei der Gewinnung von Gewebe von menschlichen Spendern aus dem Operationssaal ist das Gewebe auch stark fragmentiert und es ist notwendig, das Gewebe vor weiteren Analysen korrekt einem der drei Knorpeltypen der IVD zuzuordnen. Um detailliertere Analysen auch größerer Gewebeschnitte zu ermöglichen und die Embryonalentwicklung der IVD zu untersuchen, ist daher die Wahl eines tierischen Modellorganismus notwendig.
Bei der Auswahl eines solchen Modellorganismus ist es wichtig, ein System zu haben, das hinsichtlich seiner Anatomie und Abmessungen, seiner mechanischen Belastung, der vorliegenden Zellpopulation sowie seiner Gewebezusammensetzung mit der menschlichen Bandscheibe vergleichbar ist. Für die Zwecke der hier vorgestellten Technik empfehlen wir die Verwendung von bovinem lumbalem Bandscheibengewebe: Eine kritische Eigenschaft der menschlichen Bandscheibe, die zu ihrem geringen regenerativen Potenzial führt, ist der Verlust von Notochordalzellen während der Reifung im Zellkern. In zahlreichen Modellorganismen können notochordale Zellen jedoch ihr gesamtes Leben lang nachgewiesen werden. Die meisten der wenigen Tiere, die ihre Notochordalzellen verlieren, wie Schafe, Ziegen oder Chondrodystrophig-Hunde, haben eine IVD, die viel kleiner ist als menschliche Bandscheiben. Nur Lendenwirbelscheiben sind mit einem vergleichbaren Sagittalscheibendurchmesser wie menschliche IVDs vorhanden15.
Ein Schlüsselfaktor, der zu einer frühen Bandscheibendegeneration führt, ist eine übermäßige mechanische Belastung. Der intradiskale Druck einer stehenden Kuh in der Lendenwirbelsäule beträgt etwa 0,8 MPa, wobei die Wirbelsäule horizontal ausgerichtet ist. Überraschenderweise sind diese Drücke vergleichbar mit den lumbalen intradiskalen Drücken, die für die aufrechte menschliche Wirbelsäule (0,5 MPa) berichtetwurden 15,16. Auch die Menge an Wasser und Proteoglykanen in Rinderscheiben ist vergleichbar mit der der IVD von jungen Menschen17. Obwohl sich das tatsächliche Bewegungsmuster der Bewegungssegmente bei vierbeinigen Tieren vom zweibeinigen Menschen unterscheiden kann, ist die Kuh in Bezug auf die Gesamtbelastung und die Bandscheibeneigenschaften der menschlichen Biologie viel näher als andere etablierte Tiermodelle für die IVD wie Schafe und Hunde.
In diesem Protokoll stellen wir eine Technik vor, wie Veränderungen in der IVD aus der Sicht der räumlichen Chondrozytenorganisation von der frühen Embryonalentwicklung bis zur Degeneration im Endstadium analysiert werden können.
Für die Analyse der Embryonalentwicklung und -reifung wurden Rinderscheiben verwendet. Um die Degeneration der IVD zu bewerten, wurden menschliche Proben analysiert.
Menschliches IVD-Gewebe wurde von Patienten gewonnen, die in der Klinik für Orthopädische Chirurgie, universitätsklinikum Tübingen und im BG Traumazentrum Tübingen wegen Bandscheibendegeneration, Bandscheibenvorfall oder Wirbelsäulentrauma operiert wurden. Die volle Zustimmung der Ethikkommission wurde vor Beginn der Studie eingeholt (Projektnummer 244/2013BO2). Vor der Teilnahme wurde von allen Patienten eine schriftliche Einverständniserklärung eingeholt. Die Methoden wurden in Übereinstimmung mit den genehmigten Richtlinien durchgeführt.
Rindergewebe wurde vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit/Oberschleißheim und von einer Tierkörperbeseitigungsanlage in Warthausen (Deutschland) gewonnen. Für Gewebe von toten Tieren wurde die Genehmigung der örtlichen und veterinärmedizinischen Behörden erteilt.
1. Probenernte
2. Probenvorbereitung
3. Einstufung von Stichprobenalter, Integrität und Degeneration
4. Gewebefixierung
5. Histologische Schnitte
6. Fluoreszenzfärbung
7. Mikroskopische Bildgebung und Verarbeitung
8. Identifizierung zellulärer Muster und Dichtebewertung
Anhand von Mosaikbildern ist die Architektur des IVD mit seinem dichten Kollagenfasernetzwerk im Anulus und dem weicheren Kern deutlich zu erkennen (Abbildung 4). Eine kontinuierliche Abnahme der Zelldichte kann während der Embryonalentwicklung beobachtet werden (Abbildung 5). Während in den frühen Stadien der IVD-Entwicklung eine Zelldichte von 11.435 Zellen/mm² im Rinderanuulus fibrosus und 17.426 Zellen/mm² im Rinderkern pulposus zu finden ist, nehmen diese Zahlen bis zur Geburt schnell auf 1.011 Zellen/mm² (Bovine Anulus fibrosus) und 488 Zellen/mm² (Rinderkern pulposus) ab. Bei den erwachsenen Rindern sind 71 Zellen/mm² (Anulus fibrosus) bzw. 106 Zellen/mm² (Nucleus pulposus) zu sehen (Abbildung 6 A-B). Die Verwendung von Bi-Channel-Imaging mit dem Apotome ermöglicht es, die 3D-Architektur der räumlichen Muster zu visualisieren (Abbildung 7).
Abbildung 1. Makroskopische Anatomie der Bandscheibe. Schematische Darstellung der Bandscheibe, die den Nucleus pulposus (rot), direkt um ihn herum die Zwischenzone (rosa) und dann in kreisförmigen Schichten um ihn herum den Anulus fibrosus zeigt. Beachten Sie die Lagenwinkelrichtung der Kollagenfasern vom Typ I im Anulus fibrosus. Die axiale Belastung des Kerns kann somit in axiale Zugkräfte der Kollagenfasern übersetzt werden. Bitte klicken Sie hier, um eine größere Version dieser Abbildung anzuzeigen.
Abbildung 2. Schematische Darstellung verschiedener räumlicher Organisationsmuster von Chondrozyten. Je nach Gewebe finden sich Chondrozyten als Einzelzellen, Paare oder Fäden im gesunden Knorpel. Mit Beginn der Degeneration ändern sich diese Muster zu doppelten Strings, kleinen Clustern und dann großen Clustern in der Endphasendegeneration. Diese Zahl wurde von Danalache, M. et al.21modifiziert. Bitte klicken Sie hier, um eine größere Version dieser Abbildung anzuzeigen.
Abbildung 3. Unterschiedliche Zustände der Bandscheibe (IVD). (A-D') Sagittale T2-gewichtete Magnetresonanztomographie der menschlichen Lendenwirbelsäule (A-D), mit dem vergrößerten Bewegungssegment L4/L5 (A'-D'). Die ventrale Seite des Patienten zeigt nach links, die dorsale Seite nach rechts mit dem Spinalkanal mit seinem weißen Signal für die Zerebrospinalflüssigkeit. (A, A ') Intakte IVD mit dem Anulus, der aufgrund des hohen Kollagentyp-I-Gehalts mit einem Hypointense-Signal (schwarz) und dem Zellkern aufgrund des hohen Gehalts an wasserbindenden Proteoglykanen (Pfirrmann Grad19 I) viel heller (hyperintense) dargestellt wird. (B,B') Beginn der IVD-Degeneration mit einem Verlust des Wassersignals aus dem Nucleus pulposus und wo die Unterscheidung zwischen Anulus und Kern verloren geht (Pfirrmann Grad19 IV). (C,C') Akuter Kernprolaps mit noch einem markanten Wassersignal im Bereich des Kerns, der auf eine ansonsten intakte IVD und das dorsal in den Wirbelkanal hineinragende Bandscheibengewebe hinweist. (D,D') Fortgeschrittene Bandscheibendegeneration mit einer weitgehend zerstörten IVD mit vollständigem Verlust des Wassersignals innerhalb der Bandscheibe, ventraler und dorsaler Spondylophytenbildung und subchondraler Sklerose der Wirbel entsprechend einem Pfirrmann-Grad19 von V. Bitte klicken Sie hier, um eine größere Version dieser Abbildung anzuzeigen.
Abbildung 4. Mosaikfluoreszenzbildgebung der Bandscheibe (IVD). Die Architektur des IVD mit seinem dichten Kollagenfasernetzwerk im Anulus fibrosus und dem weicheren Kern ist deutlich zu erkennen. Die DAPI-Kernfärbung (weiß) in der axialen (A1) und sagittalen (A2) Ebene zeigt die Zellverteilung und -anordnung innerhalb der IVD. Vergrößerte repräsentative Bereiche aus diesen Mosaikbildern werden in B1-B4 und C1-C4 dargestellt und veranschaulichen die räumliche Chondrozytenorganisation - in diesem Fall einzelne Zellen (grüner Kasten), Paare (blauer Kasten) und Strings (gelber Kasten). A: Maßstabsbalken 1.000 μm, B1-B4: Maßstabsbalken 200 μm, C1-C4: Maßstabsbalken: 50 μm. Diese Zahl wurde von Bonnaire, F.C. et al.22modifiziert. Bitte klicken Sie hier, um eine größere Version dieser Abbildung anzuzeigen.
Abbildung 5. Unterschiedliche Entwicklungs- und Reifestadien des bovinen Anulus fibrosus und des menschlichen degenerierenden Anulus fibrosus. DAPI-Kernfärbung. Die Mosaikbilder zeigen eine ganze frühe embryonale Scheibe in einem axialen Schnitt (A1) und repräsentative Bilder des Rinderannals während der Embryonalentwicklung, Reifung und beginnenden Degeneration (A2-A8). (B1-B3) Anulus aus humanen IVDs wurde intraoperativ gewonnen. Eine kontinuierliche Abnahme der Zelldichte kann während der embryonalen Bandscheibenentwicklung beobachtet werden. Ein zelluläres Muster mit höherer räumlicher Organisation scheint vor allem um die Geburt herum vorhanden zu sein. Bei der erwachsenen menschlichen Bandscheibe nimmt bei der Degeneration die Zelldichte wieder zu und es kann eine zunehmende Clusterbildung beobachtet werden. Maßstabsleiste 100 μm. Wog: Schwangerschaftswochen. Diese Zahl wurde von Bonnaire, F.C. et al.22modifiziert. Bitte klicken Sie hier, um eine größere Version dieser Abbildung anzuzeigen.
Abbildung 6. Verringerung der Zelldichte während der Entwicklung und Reifung der Rinderwirbelscheibe. Die mittlere (Standardabweichung) Zellzahl pro mm² wird durch Balkendiagramme für den Rinderanulus fibrosus (A) und den Rinderkern pulposus (B) veranschaulicht. Eine deutliche Verringerung der Zelldichte ist vor allem während der Embryonalperiode zu beobachten, die sich in geringerem Maße mindestens bis zur vollständigen Reifung der Bandscheibe fortsetzt (n=72). Wog: Schwangerschaftswochen. Diese Zahl wurde von Bonnaire, F.C. et al.22modifiziert. Bitte klicken Sie hier, um eine größere Version dieser Abbildung anzuzeigen.
Abbildung 7. Apotombildgebung der Bandscheibe (IVD). Bi-Kanal-Bild, das das Zytoplasma (rot, Aktinfärbung) und den Kern (blau, DAPI-Kernfärbung) zeigt. (A) In der intakten IVD werden neben dem vorherrschenden räumlichen Muster einzelner Chondrozyten auch Paare gefunden. (B) In entarteten Anuluszellclustern finden sich. Maßstabsleiste 20 μm. Bitte klicken Sie hier, um eine größere Version dieser Abbildung anzuzeigen.
Video 1. Apotombildgebung eines Paares in der Bandscheibe (IVD) als 3D-Modell. Zweikanalbilder, die das Zytoplasma (rot, Aktinfärbung) und den Zellkern (blau, DAPI-Kernfärbung) eines Paares zeigen. Bitte klicken Sie hier, um dieses Video herunterzuladen.
Video 2. Apotombildgebung eines Clusters in der Bandscheibe (IVD) als 3D-Modell. Bi-Kanal-Bilder, die das Zytoplasma (rot, Aktinfärbung) und den Kern (blau, DAPI-Kernfärbung) eines Clusters zeigen. Bitte klicken Sie hier, um dieses Video herunterzuladen.
Tabelle 1: Embryonalentwicklung, Reifung und Wachstum der Rinder nach der Geburt mit ihren verschiedenen Meilensteinen. Wog - Schwangerschaftswochen. Tragzeit ca. 283 Tage, natürliche Lebenserwartung 20-25 Jahre20,23,24. Bitte klicken Sie hier, um diese Tabelle herunterzuladen.
Mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie, die durch Mosaikbildgebung und optische Schnitte ergänzt wurde, untersuchten wir die räumliche Anordnung der Chondrozyten im Anulus der lendentalen IVD während der gesamten Entwicklung, Reifung und Degeneration. Während degeneratives Gewebe von Patienten entnommen werden konnte, die eine Wirbelsäulenoperation wegen Bandscheibendegeneration erhielten, erforderte die Analyse der Embryonalperiode und der Reifephase die Verwendung eines Modellorganismus (Rind). Hohe Zelldichten wurden im Anulus während der frühen Embryonalentwicklung festgestellt. Im weiteren Verlauf der Entwicklung, des postnatalen Wachstums und der Reifung konnte eine ausgeprägte Abnahme der Zelldichte beobachtet werden. In menschlichem Gewebe mit fortgeschrittener Bandscheibendegeneration konnten wir dann eine Zunahme der Zelldichte im Anulus fibrosus quantifizieren.
Die rasche Zunahme des Gewebevolumens in Verbindung mit sich aktiv teilenden und biosynthetisch aktiven Notochordalzellen sind wahrscheinliche Gründe für die im Embryo beobachteten Veränderungen der Zelldichte25. Die Mechanismen, durch die die Zelldichte mit der Degeneration wieder zunimmt, bleiben jedoch noch unklar. Degenerative Prozesse des Anulus führen zu einer Reihe von pathologischen Veränderungen, einschließlich erhöhter Gewebeinnervation und -entzündung, Hochregulierung von matrixabbauenden Enzymen und Wachstumsfaktorproduktion sowie Veränderungen der Zellularität26,27,28.
Bei der Betrachtung der Zellpräsenz als Funktion der zellulären räumlichen Organisation auf der Grundlage von Mustern, die aus dem Gelenkknorpel7,9 bekanntsind,fanden wir keine erkennbare räumliche Organisation in frühen embryonalen Bandscheiben, in denen die Zellen dicht gepackt zu sein scheinen und die wir als einzelne Zellen betrachteten22. Dieser Befund stimmt mit den Ergebnissen des embryonalen Gelenkknorpelsüberein 7. Im gesunden reifen Anulus stellen einzelne Zellen das vorherrschende räumliche Muster dar22. Paare und String-Formationen können aber auch beobachtet werden22. Je mehr das Gewebe in menschlichen Bandscheiben degeneriert, desto höher ist der Anteil der Zellen, die in Clustern gefunden werdenkönnen 22. Das von Rolauffs vorgeschlagene physiopathologische Modell in Gelenkknorpel7,9,29 zeigt eine faszinierende Ähnlichkeit mit unseren Ergebnissen. Frühere Studien zur IVD-Degeneration hatten auch bereits die Clusterbildung als Kennzeichen der Bandscheibendegeneration14,30,31,32,33. Da diese Cluster meist in stark degenerierten Geweben zu finden sind, könnte die Clusterbildung auf einen fehlgeschlagenen Versuch des Gewebes hinweisen, den degenerativen Schaden zu reparieren34. Durch die Herstellung einer starken Korrelation zwischen dem lokal vorherrschenden Chondrozytenmuster und der Gewebeelastizität konnte eine hohe funktionelle Relevanz dieser Muster in Gelenkknorpel10,11nachgewiesen werden. Es kann spekuliert werden, dass eine solche funktionale Relevanz auch für die räumliche Chondrozytenorganisation im IVD gilt.
Fluoreszenzhistologische Analysen sind ein leicht zu bekommendes und attraktives Mittel, um morphologische Veränderungen an Geweben zu analysieren. Bei der histologischen Analyse der IVD gibt es deutliche technische Schwierigkeiten, die überwunden werden müssen: Erstens ist es aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von menschlichem Gewebe wichtig, einen adäquaten Tiermodellorganismus zu wählen, mit dem jene Aspekte der Krankheit untersucht werden können, mit denen menschliche Proben nicht gewonnen werden können. Für die in dieser Studie behandelte Forschungsfrage haben wir ein Rindertiermodell gewählt.
Zweitens ist die Verarbeitung des Kollagen-Typ-I-reichen IVD viel schwieriger als für die meisten anderen menschlichen Gewebe. Das dichte Kollagen-Typ-I-Fasernetzwerk streut das fluoreszierende Licht stark und erzeugt ein hohes Hintergrundrauschsignal. Dieses Problem lässt sich am besten mit einer Technik lösen, die die Subtraktion oder Eliminierung eines solchen Hintergrundsignals ermöglicht. Eine bekannte Methode dazu ist die konfokale Mikroskopie. Während die Bildqualität von konfokal aufgenommenen LASER-Bildern in der Regel hervorragend ist, sind die Nachteile dieser Technik, dass sie relativ zeitaufwendig ist und somit die Analyse größerer Gewebebereiche mittels Mosaikbildgebung nicht erlaubt. Zweitens sind konfokale Mikroskope relativ teuer und nicht überall erhältlich. Eine viel schnellere und kostengünstigere Möglichkeit, Hintergrundgeräusche herauszufiltern, besteht darin, optische Schnitte z. B. mittels eines Apotoms durchzuführen.
Um die Befunde richtig interpretieren zu können, ist es unerlässlich, das zu analysierende Gewebe auch seiner Herkunft in der IVD richtig zuzuordnen. Während diese Aufgabe relativ einfach ist, wenn eine ganze Rinderscheibe zur Auswahl steht, kann sie bei der Aufnahme von menschlichem Gewebe aus dem Operationssaal sehr schwierig sein. Das charakteristische Merkmal des Anulus fibrosus ist sein sehr dichtes Kollagen-Typ-I-Netzwerk in einer winkelförmigen Faserorientierung. Der Kern hingegen ist eine amorphe gallertartige Struktur, bei der mit bloßem Auge keine höhere Kollagenarchitektur sichtbar ist. Die Zwischenzone liegt zwischen diesen beiden Extrema und besitzt ebenfalls eine klare Kollagenfaserarchitektur, die jedoch viel weicher und weniger dicht ist als der Anulus fibrosus. Die knorpelige Endplatte besteht aus hyalinem Knorpel, präsentiert sich nicht mit einer mit bloßem Auge erkennbaren Kollagenarchitektur, sondern ist eher "glasartig", wie der Begriff "hyalin" vermuten lässt. Im Gegensatz zum Nucleus pulposus ist er jedoch auch sehr steif, kann nicht verformt werden und befindet sich auf dem subchondralen Knochen, der oft noch durch Inspektion des Gewebes erkannt werden kann.
Sobald der Gewebeursprung korrekt identifiziert wurde, muss das Gewebe noch korrekt für den Schnitt ausgerichtet werden, um standardisierte Bilder zu erhalten, die auch eine ordnungsgemäße qualitative und quantitative Auslesung ermöglichen. In Anlehnung an andere bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie schlagen wir zwei Standard-Analyseebenen vor: einen median-sagittalen Schnitt und einen in der axialen Ebene. Diese beiden Ebenen werden auch einen guten Eindruck von der Architektur des Kollagen-Typ-I-Fasernetzwerks des Anulus vermitteln. Bei der Interpretation der Ergebnisse der F-Aktin-Färbung ist zu berücksichtigen, dass das Einfrieren der Gewebeproben zu Veränderungen der Zytoskelettstruktur35 führen kann, die jedoch die räumliche Chondrozytenorganisation nicht beeinträchtigen sollten.
Die Zellbiologie der IVD vollständig zu verstehen, ist eine der noch offenen Herausforderungen in unserem Verständnis von Bandscheibendegeneration und Regeneration36. Mitunter trivial erscheinende Fragen wie die physiologische Anordnung von Zellen im gesunden Gewebe oder die Frage der zellulären Reorganisation bei der Degeneration, bleiben bis heute unbeantwortet. Die gewonnenen Erkenntnisse können es uns ermöglichen, mit diesem bildbasierten Degenerationsmarker die Gewebequalität zu bewerten, die Reversibilität der Clusterbildung zu untersuchen und damit möglicherweise ein therapeutisches Fenster zu definieren, in dem die degenerierenden Prozesse noch erfolgreich anvisiert werden können.
Die Autoren haben nichts preiszugeben.
Wir danken unseren Co-Autoren aus den Originalpublikationen für ihre Hilfe und Unterstützung. Wir danken Charlotte Emma Bamberger für die Hilfe bei der Anschaffung der Apotombilder.
Name | Company | Catalog Number | Comments |
Amphotericin B | Merck KGaA, Germany | A2942 | |
Adhesion Microscope Slides SuperFrost Plus | R. Langenbrinck, Germany | 03-0060 | |
ApoTome | Carl Zeiss MicroImaging GmbH, Germany | 462000115 | |
AxioVision Rel. 4.8 with Modul MosaiX | Carl Zeiss MicroImaging GmbH, Germany | ||
CellMask Actin Tracking Stain | Thermo Fischer Scientific, US | A57249 | |
Cryostat | Leica Biosystems, US | CM3050S | |
DAPI | Thermo Fischer Scientific, US | D1306 | |
Dulbecco's modified Eagle's medium (DMEM) | Gibco, Life Technologies, Germany | 41966052 | |
Ethylenediaminetetraacetic acid | Sigma-Aldrich, US | 60004 | |
Fluorescence Miscoscope - Axio Observer Z1 with Axio Cam MR3 and Colibri | Carl Zeiss MicroImaging GmbH, Germany | 3834000604 | |
Formaldehyde | Merck KGaA, Germany | 104002 | |
Image J 1.53a, with Cell counter plugin | National Insittute of Health (NIH), US | ||
Invitrogen Alexa Fluor 568 Phalloidin | Thermo Fischer Scientific, US | A12380 | |
Microscopic Cover Glasses | R. Langenbrinck, Germany | 01-1818/1 | |
PAP Pen Liquid Blocker | Science Sevices GmbH, Germany | N71310 | |
Penicillin-Streptomycin | Sigma-Aldrich, US | P4333 | |
Phosphate buffered saline | Sigma-Aldrich,US | P5119 | |
Scalpel | pf medical AG, Germany | 2023-01 | |
Tissue-tek O.C.T. Compound | Sakura Finetek, Netherlands | SA6255012 |
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