Das Konzept der Prochiralität führt zur Nomenklatur der einzelnen Flächen eines Moleküls und spielt eine entscheidende Rolle bei der enantioselektiven Reaktion. Dabei handelt es sich um ein Konzept, bei dem zwei oder mehr achirale Moleküle unter Bildung chiraler Produkte reagieren. Ein typischer Prozess ist die Reaktion eines achiralen Ketons zu einem chiralen Alkohol. Hier reagiert der achirale Reaktant mit einem achiralen Reduktionsmittel, Natriumborhydrid, um eine äquimolare Mischung der chiralen Enantiomere des Produkts zu erzeugen. Beispielsweise ergibt ein achirales 2-Butanon die chiralen Enantiomere von (R)-2-Butanol und (S)-2-Butanol. Hier wird der achirale Reaktant, der durch Veränderung nur einer Substituentengruppe in ein chirales Produkt umgewandelt werden kann, als prochiral bezeichnet.
Mechanistisch gesehen hängt die chirale Konfiguration des Produkts von der Ausrichtung der eintretenden Hydridgruppe ab, die sich an den sp2-hybridisierten Kohlenstoff anlagert. Da jede Seite des Moleküls einzigartig ist, können ihnen eindeutige Namen zugewiesen werden. Dies folgt dem Cahn-Ingold-Prelog-System, bei dem den Substituenten am trigonalen Kohlenstoffzentrum anhand ihrer Ordnungszahlen am ersten Differenzpunkt Prioritäten zugewiesen werden. Die Oberfläche des Moleküls wird dann entsprechend der Reihenfolge der Gruppen im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn beschriftet. Eine im Uhrzeigersinn verlaufende Sequenz in der Fläche wird als „re“ bezeichnet, während die Sequenz gegen den Uhrzeigersinn als "si" bezeichnet wird. Dabei spielt der chirale Wirkstoff eine Schlüsselrolle. In Abwesenheit chiraler Reagenzien kann sich die neue Gruppe von beiden Seiten an das Molekül anlagern, was zu einer razemischen Mischung des Produkts führt. Umgekehrt können chirale Katalysatoren oder Enzyme die Bildung eines der Enantiomere gegenüber dem anderen bestimmen. Diese Reaktionen werden dementsprechend als enantioselektive Reaktionen bezeichnet.
Eine weitere Klassifizierung der Substituenten am prochiralen Kohlenstoff als homotop, diastereotop und enantiotop ist bedeutsam und wird untersucht. Beispielsweise werden die verschiedenen Wasserstoffsubstituenten in (+)-2,6-Dimethylcyclohexanon einzeln klassifiziert. Wie in Abbildung 1(a) dargestellt, sind die beiden blauen Wasserstoffatome homotopisch, die beiden grün gefärbten Wasserstoffatome in Abbildung 1(b) sind enantiotopisch und die roten Wasserstoffatome in Abbildung 1(c) sind diastereotopisch.
Abbildung 1: Die Klassifizierung der Substituenten am prochiralen Kohlenstoff von (+)-2,6-Dimethylcyclohexanon – (a) homotopisch, (b) enantiotopisch und (c) diastereotopisch
Aus Kapitel 4:
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